Akrotelm in einem Hochmoor
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Torfbildung und Torfakkumulation

Die „Frage von der Entstehungsart des Mohrs (=Torf)“ beantwortet Jürgen Christian Findorff [6] so, „dass das Wasser die Zeugemutter bey der Entstehungsart des Mohrs, das Moos aber der Hauptstoff oder der Saame desselben sey, - und dass hiernächst auch viele Wasserkräuter und Pflanzen unterschiedener Art zur Veredelung eines Mohrs beytragen müssen.“ Finndorf notierte diese Beobachtungen aus dem Teufelsmoor bei Bremen. 

Welche Prozesse führen zu Torfbildung und Torferhalt, und welchen Einfluss hat die Torfakkumulation auf das Moor?

Er beschreibt Torf als Reste der am Standort gewachsenen Pflanzen, der nur bei Wasserüberschuss gebildet werden kann. Diese Beschreibung enthält alle wichtigen Eigenschaften, wie sie in der Definition für Torf von [13] genannt sind:

Torf

  • ist eine organische, sedentäre (von unten nach oben aufgewachsene) Ablagerung,
  • die überwiegend aus abgestorbenem, humifiziertem Pflanzenmaterial besteht,
  • das (meist auf Grund eines durch Wassersättigung verursachten Sauerstoffmangels) nicht vollständig abgebaut wurde und
  • dessen Struktur zumindest teilweise noch erkennbar ist.

Indem Moore einen Teil der Biomasse als Torf langfristig festlegen, bilden sie natürliche Senken für Kohlenstoff, Stickstoff und andere in den Pflanzen gebundene Elemente. Unter naturnahen Verhältnisse werden diese Stoffe dauerhaft im Torf fixiert und stehen nicht für weitere Pflanzen zur Verfügung.

Torfbildung

Die Wandlung von Biomasse zu Torf ist ein allmählicher Prozess. Er beginnt mit dem Absterben der Pflanze, einer anschließenden intensiven, aeroben Zersetzung und wird durch anaerobe Mikroorganismen vollendet. Der „fertige“ Torf unterliegt fortlaufenden, jedoch sehr langsamen, Abbauprozessen. [19] beschreibt an einem Hochmoorprofil den Übergang von lebenden Torfmoosen (Sphagnum) zum Torfmoostorf. In der Beschreibung befindet sich oben, oberflächennah die lebende, grüne Torfmoosdecke, darunter gefolgt von einer schmalen Schicht, deren graue Farbe das Absterben der dem Licht entzogenen Torfmoose zeigt. In weiter untenliegenden Bereich befindet sich eine braune Schicht, die sich im Schwankungsbereich des Moorwasserstandes befindet und mehr oder weniger gut belüftet ist (Akrotelm). In dieser Schicht erfolgt ein überwiegend aerober mikrobieller Abbau der abgestorbenen Torfmoose und führt zu Substanzverlusten und zur Bildung von Huminstoffen. Weiter unten im Profil folgt der ständig wassergesättigte Bereich, in dem sich unter einer schmalen, grauen Übergangsschicht der helle Torfmoostorf befindet und die Abbauvorgänge anaerob und langsam ablaufen (Katotelm).

Akrotelm_Katotelm_01.jpg
Beschreibung des diplotelmischen Aufbaues in einem intakten, wachsenden Moor (Verändert nach Succow und Joosten [23]).

Die am Hochmoorprofil gezeigten Vorgänge sind für wachsende, nicht entwässerte Moore allgemein charakteristisch. Nach [13] können folgende Abbauphasen unterschieden werden:

1) Absterbe- und Auswaschphase

In der ersten Phase werden die Nährstoffe in die Speichergewebe der Pflanzen verlagert, langkettige Moleküle durch pflanzeneigene Enzyme gespalten und wasserlösliche Verbindungen ausgewaschen.

2) Zerkleinerungsphase

Die zweite Phase, die mechanische Zerkleinerung der Streu, ist in Mooren sehr eingeschränkt, da es aufgrund der wassergesättigten Verhältnisse nur wenig Bodentiere gibt. Als Folge ist die Struktur der Pflanzenteile im Torf oft noch gut erkennbar.

3) mikrobielle Phase der Mineralisierung und Humifizierung

In der dritten Phase zerlegen Mikroorganismen (wie bei der Humusbildung auf Mineralböden) leicht abbaubare organische Verbindungen in anorganische Moleküle (Mineralisierung) und spalten stabilere Verbindungen (z.B. Wachs, Cutin, Suberin, Lignin, Chitin, mikrobielle Zellwände [5]) in kleinere Teile, die dann teilweise zu Huminstoffen synthetisiert werden (Humifizierung). Die dabei gebildeten Polyphenole hemmen den mikrobiellen Abbau von Torf [7].

Nach dem Gesagten erfolgt die Bildung und Ablagerung von Torf durch Moose von oben. Gefäßpflanzen jedoch tragen überwiegend mit ihren Wurzeln und Rhizomen zur Torfbildung bei, da ihre oberirdischen Organe nach dem Absterben größtenteils mineralisiert werden [10]. Die unterirdischen Pflanzenorgane wachsen in ältere Torfschichten ein und können nach ihrem Absterben innerhalb dieser Schichten jüngeren Torf („Verdrängungstorf“) bilden. Altersbestimmungen von Torfprofilen zur Rekonstruktion der Moorentwicklung sind daher nur an Moostorfen sinnvoll.

Wie gut die Pflanzenreste im Torf erhalten bleiben, hängt von der Vegetation, der Hydrologie und den Nährstoffverhältnissen ab. Unter vergleichbaren Bedingungen werden krautige Gefäßpflanzen meist schneller abgebaut, als Moose, und Braunmoose schneller als Torfmoose [9]. Auch zwischen Gefäßpflanzen gibt es Unterschiede. So werden z.B. die Wurzeln von Ufer-Segge(Carex riparia) und Rispen-Segge (Carex paniculata) schneller abgebaut als die von Schilfrohr (Phragmites australis) [11]. Das gleiche gilt für Torfmoose, bei denen Arten der Sektion Cuspidata schneller wachsen, aber auch schneller zersetzt werden, als Arten der Sektionen Acutifolia und Subsecunda. Wachstum und Zersetzung werden hier sowohl von der Art als auch vom Standort beeinflusst [1]. Eine wichtige Rolle, nicht nur für die Artenzusammensetzung der Vegetation, sondern auch für die Abbaubarkeit der Streu einer Art, spielt die Nährstoffversorgung des Standortes. Ein höherer Gehalt an Stickstoff, Phosphor und Kalium im Pflanzenmaterial führt zu einer intensiveren Zersetzung [2,18]. Die hydrologischen Verhältnisse wiederum haben Einfluss auf Vegetation und Nährstoffe aber auch auf die Höhe und Konstanz der Wasserstände und damit auf die Dauer und Intensität der aeroben Abbauprozesse.

Ein eindrucksvolles Beispiel für die Bedeutung der hydrologischen Bedingungen für die Torfbildung ist der in vielen Hochmoore Europas beobachtete Wechsel von einer älteren, höher zersetzten Schwarztorfschicht zu einer jüngeren, geringer zersetzten Weißtorfschicht [19]. Der Schwarztorf wurde überwiegend unter trockeneren Bedingungen akkumuliert, besteht aus hoch zersetzten Torfmoosen (Zersetzungsgrad nach von Post: >H5) und enthält im Verhältnis zum Torfvolumen mehr Reste von Heidekrautgewächs (Ericacea) und Scheiden-Wollgras (Eriophorum vaginatum) als der Weißtorf, der in niederschlagsreicheren Phasen aufwuchs und überwiegend aus gering zersetzten Torfmoosen besteht (Abb.2). Der vom Moorforscher C.A. Weber als Grenzhorizont bezeichnete Übergang vom Schwarztorf zum Weißtorf ist jedoch nicht, wie lange angenommen, ein für die Hochmoore Europas synchroner Zeitmarker am Übergang vom Subboreal zum Subatlantikum (Link zu Entstehung der Moore Niedersachsen), sondern erfolgte in verschiedenen Mooren und sogar innerhalb ein und desselben Moores in Abhängigkeit von den lokalen hydrologischen Bedingungen zu verschiedenen Zeiten und mit unterschiedlicher Deutlichkeit [19].

Schichtenaufbau eines Hochmoores.jpg
Ein typischer Schichtenaufbau eines Hochmoors

 

Torferhalt

Die im teilweise belüfteten „Torfbildungshorizont“ (Akrotelm) veränderten organischen Substanzen können nur als Torf erhalten bleiben, wenn sie in den ständig wassergesättigten, sauerstofffreien „Torferhaltungshorizont“ (Katotelm) gelangen (Abb.3) [21]. Zuwachs an organischer Masse und deren Ablagerung als Torf ist nur da möglich, wo „die Vegetationsdecke fortwährend im Wasser ertrinkt, ohne dabei ihr Wachstum zu unterbrechen“ [22]. Dieser Übergang kann entweder durch das Gewicht der aufwachsenden Biomasse oder durch einen ansteigenden Wasserspiegel erfolgen. Alternativ können schon ins wassergesättigte Milieu eingewachsene Wurzeln und Rhizome den Katotelm erreichen, indem die Sauerstoffversorgung der unterirdischen Organe durch die Pflanze nach ihrem Absterben unterbrochen wird.

Sauerstoffmangel und niedrige Temperatur verlangsamen die Abbauprozesse im Katotelm um ein Vielfaches im Vergleich zum Akrotelm. Die Durchmischung und der Transport von Sauerstoff im Wasser ist 10.000-mal langsamer als im luftgefüllten Porenraum und der Verbrauch von Sauerstoff durch mikrobielle Umsetzungsprozesse führt schnell zu Sauerstoffmangel [17]. Wenn Nitrat, Mangan (IV), Eisen (III) oder Sulfat vorhanden sind, werden sie von Mikroorganismen für den anaeroben Abbau organischen Materials als Elektronenakzeptor genutzt. Nitrat kann mit nährstoffreichem Wasser (externe Eutrophierung [15]) und Sulfat mit Meerwasser eingetragen werden. Alternative Elektronenakzeptoren wie Eisen (III) können nach ihrer Reduzierung in der von den Gefäßpflanzen mit Sauerstoff versorgten Rhizosphäre wieder oxidiert und damit regeneriert werden [14].

In den ständig wassergesättigten Bereichen ungestörter Moore sind die genannten alternativen Elektronenakzeptoren meist schnell verbraucht (Abb.4). Einzig Huminsäuren können hier als alternative Elektronenakzeptoren wirken, wobei die in diesem Prozess stattfindende Bildung von CO2 noch nicht schlüssig gezeigt wurde [3].  Unter diesen anoxischen Bedingungen wird der Kohlenstoff selbst – Azetat oder Kohlendioxid – von Methanbildnern reduziert. Der anaerobe Abbau komplexer organischer Verbindungen in Monomere und Gärungsprodukte verläuft langsam, denn er ist im Vergleich mit aeroben Prozessen mit weniger Energiegewinnung verbunden und erfordert das Zusammenspiel eines breiten Konsortiums von Mikroorgansimen [16]. Biopolymere wie Lignin-Cellulose Komplexe sind nur schwer durch anaerobe Prozesse abbaubar und bilden den größten Teil der Torfsubstanz, während der Anteil leicht abbaubarer organischer Verbindungen im Torf mit der Zeit abnimmt [16]. Frisches Pflanzenmaterial mit einem hohen Anteil labiler organischer Substanz hat daher in wachsenden Mooren einen größeren Anteil an der Methanproduktion als der Torf [4,25].

 

Torfakkumulation

Obwohl die anaeroben Zersetzungsprozesse nur sehr langsam ablaufen und mit dem Alter des Torfes und der damit verbundenen Anhäufung schwer abbaubarer Kohlenstoffverbindungen abnehmen, so bedeuten sie doch einen beständigen Stoffverlust, der mit der Mächtigkeit des Moores zunimmt. Die durchschnittliche Kohlenstoffakkumulation eines Moorprofils (LORCA, long-term apparent rate of Carbon accumulation) lässt sich ermitteln, wenn das Alter der basalen Torfe (unterste Schicht) und damit der Zeitpunkt des Beginns des Moorwachstums, sowie der Kohlenstoffgehalt entlang des gesamten Profils bekannt ist [12]. LORCA integriert die Kohlenstoffaufnahme durch die Pflanzen (Kohlendioxid) und den Kohlenstoffverlust durch aerobe und anaerobe Zersetzung. Die anhand von tausenden datierten Torfprofilen ermittelten LORCA der Moore Nordamerikas und Finnlands betragen 17,2 und 18,5 g C m-2 a-1 [8,24].  Roulet und Kolleg*innen[20] fanden für das Hochmoor Mer Bleue bei Ottawa (Canada) eine gute Übereinstimmung zwischen aktueller Kohlenstoffakkumulation (6-Jahre Messungen der Kohlendioxid, Methan und gelöster organischer Kohlenstoff Bilanzen ergaben Ø 21.5 g C m-2 a-1) und LORCA der letzten 3000 Jahre (zwei Torfprofile: 21.9 und 14.0 g C m-2 a-1).

Literatur

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[2] Bragazza, L., Siffi, C., Iacumin, P., & Gerdol, R. (2007). Mass loss and nutrient release during litter decay in peatland: The role of microbial adaptability to litter chemistry. Soil Biology and Biochemistry, 39(1), 257-267. doi: https://doi.org/10.1016/j.soilbio.2006.07.014

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[21] Stegmann, H., Edom, F., & Koska, I. (2001). Bodenbildende Prozesse wachsender Moore. In M. Succow & H. Joosten (Eds.), Landschaftsökologische Moorkunde (pp. 42-47). Stuttgart: Schweizerbart.

[22] Succow, M., & Jeschke, L. (1990). Moore in der Landschaft, 2. Auflage: Urania-Verlag Leipzig, Jena, Berlin.

[23] Succow, M., & Joosten, H. (2001). Landschaftsökologische Moorkunde. Stuttgart: E. Schweizerbart Verlagsbuchhandlung.

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[25] Williams, C. J., & Yavitt, J. B. (2010). Temperate Wetland Methanogenesis: The Importance of Vegetation Type and Root Ethanol Production. Soil Science Society of America Journal, 74(1), 317-325. doi: https://doi.org/10.2136/sssaj2008.0395

LBEG: Merten Minke und Martha Graf (2021)