Die biologische Vielfalt – auch Biodiversität genannt – umfasst den Reichtum an Pflanzen, Tieren, Pilzen und Mikroorganismen, die Vielfalt an Lebensräumen in den verschiedenen Naturräumlichen Regionen sowie die genetische Vielfalt innerhalb einer Art [1]. Diese drei Aspekte hängen eng zusammen und beeinflussen sich gegenseitig.
Aufgrund ihrer Lebensfülle und ökologischen Besonderheiten weisen Moore eine besonders hohe Bedeutung für die Erhaltung der biologischen Vielfalt auf. Sie sind einzigartige Lebensstätten, die aufgrund ihrer Wasser- und Nährstoffverhältnisse, Genese, aber auch der menschlichen Nutzung und damit anthropogenen Umwandlung sehr unterschiedlich ausgebildet sein können (vgl. Lebensraum Moor). Zahlreiche seltene und gefährdete Arten, die den Artenschutzbestimmungen – aber auch internationalen und europäischen Verpflichtungen (z. B. Natura 2000) – unterliegen oder in Roten Listen erfasst sind, leben in Mooren [4].
Nach dem Weltbiodiversitätsrat IPBES (Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services) sind über 85 % der Feuchtgebiete (Moore gehören zu den Feuchtgebieten (weitere Beispiele für Feuchtgebiete sind: Überschwemmungsebenen (mineralisch), Flussdelta (mineralisch), Flussauen (mineralisch), Bruchwälder (mineralisch), Marschen, Sümpfe, Anmoore etc.) der Welt in den letzten 300 Jahren verloren gegangen [2]. Habitatumwandlung im Zuge von Kultivierung, anthropogene Beeinträchtigung des Wasserhaushalts durch nachhaltige Entwässerung und die anthropogene Steigerung der Mineralstoffverfügbarkeit sind die stärksten Triebkräfte von drastischen Verlusten der biologischen Vielfalt[5]. Weitere Gefährdungsfaktoren der Moor- und Feuchtlebensräume sind trockenere Bedingungen durch ausbleibende Niederschläge und ein Anstieg der Jahresmitteltemperatur im Zuge des Klimawandels [6]. Der Verlust der Biologischen Vielfalt ist oftmals irreversibel und vielfach nicht nur mit dem direkten Verschwinden von Tier- und Pflanzenarten sowie Lebensräumen verbunden, sondern auch mit dem Verlust der von ihnen übernommenen oder eng mit ihnen in Verbindung stehenden Funktionen für den Naturhaushalt [7].
Etwa 73 % der Hochmoore und 18 % der Niedermoore Deutschlands liegen in Niedersachsen (vgl. Verbreitung von Mooren in Niedersachsen) [6]. Damit trägt Niedersachsen eine besondere Verantwortung für den Erhalt und den Schutz der einzigartigen biologischen Vielfalt der Moore - insbesondere für die Hochmoore, an welche viele Arten eine unabdingbare Bindung haben, aber auch für die naturnahen Niedermoore sowie hochstaudenreiche Nasswiesen und sonstiges artenreiches Feucht- und Nassgrünland auf Moorstandorten. Daher gilt auch beim Schutz der biologischen Vielfalt mehr denn je das Motto: „think global act local“.
Rechtlicher Hintergrund und Zielsetzung
Der Erhalt der biologischen Vielfalt ist ein in § 1 Abs. 2 BNatSchG explizit genanntes Ziel des Naturschutzes. Um dieses Ziel zu erreichen, bestehen auf Ebene der EU zwei Schutzinstrumente: das Schutzgebietssystem NATURA 2000 sowie die Bestimmungen zum Artenschutz . Im Vergleich zum Schutzgebietssystem NATURA 2000, welches aus den FFH- und Vogelschutz-Gebieten besteht (vgl. Karte "Naturschutzrechtlich geschützte Moore") gelten die Artenschutzregelungen flächendeckend, also überall dort, wo die betreffenden Arten oder deren Wuchs-, Fortpflanzungs- und Ruhestätten vorkommen.
Der Biotopschutz hingegen befasst sich mit dem Schutz oder der Wiederherstellung ganzer Lebensräume (Biotope) oder von Teillebensräumen einer Pflanzen- und Tiergemeinschaft.
Insgesamt umfasst das Konzept für den Erhalt der biologischen Vielfalt den Schutz der Tiere und Pflanzen wild lebender Arten und der Biotope bzw. Lebensraumtypen (LRT) sowie die Konzeption eines landesweiten Biotopverbundes.
Ziel des Moormanagements für die biologische Vielfalt ist es daher, alle naturnahen und halbnatürlichen Biotoptypen der Hoch- und Niedermoore sowie weiteren kohlenstoffreichen Böden in ihrem Bestand so zu erhalten und zu entwickeln, dass die moortypischen Arten in dauerhaft überlebensfähigen Populationen vorkommen [6]. Für den Austausch zwischen Populationen, sowie die Wiederbesiedlung von regenerierbaren Hoch- und Niedermoorflächen (z. B. Torfabbauflächen), ist die Schaffung von Biotopverbundsystemen mit Kernflächen intakter Moorkomplexe notwendig.
Ausblick
Sollte es - wie prognostiziert - weiter vermehrt zu Hitze- und Trockenperioden im Zuge des Klimawandels kommen, hätte dies weitreichende negative Konsequenzen für die wenigen verbleibenden Moorlebensräume und ihr Arteninventar [3]. Ein zügiges Umdenken von einer in großen Teilen entwässernden Landschaft zu einer wasserrückhaltenden Landschaft ist notwendig. Durch die großflächige Entwässerung der Landschaft infolge sukzessiver menschlicher Umgestaltung des Wasserhaushaltes entgegen der klimatischen Gegebenheiten unseres Raumes, wird in Teilen Niedersachsens der Trockenstress der letzten Jahre verstärkt. Im Niedersächsischen Landschaftsprogramm (S. 112) hebt die Karte der potenziellen Drängebiete auf Landesebene diese Problematik hervor [7].
Insgesamt zeigt sich, dass der Verlust von Feuchtlebensräumen, wie den Mooren zur starken Gefährdung und zum Verlust der biologischen Vielfalt beiträgt. Viele dieser Arten haben eine unabdingbare Bindung an den Lebensraum Moor. Die Umsetzung des Niedersächsischen Moorschutzprogramms und des Programms Niedersächsische Moorlandschaften könnten zu einer Verbesserung der Situation und zu einem wertvollen Beitrag für den Schutz der biologischen Vielfalt führen. In den nächsten Jahren erlischt außerdem die Genehmigung zum Torfabbau für viele Moorflächen. Diese Flächen können anschließend wiedervernässt werden, soweit dies nicht von den Auswirkungen des Klimawandels konterkariert wird [7].
[1] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB), Hrsg.). (2015). Naturschutz-Offensive 2020. Für biologische Vielfalt! Verfügbar unter: https://biologischevielfalt.bfn.de/fileadmin/NBS/documents/Veroeffentlichungen/Naturschutz_Offensive_2020_bf_CPS.pdf
[2] IPBES. (2019). Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger des Globalen IPBES-Assessments der Biologischen Vielfalt und Ökosystemleistungen. Bonn.
[3] IPCC. (2021). Climate Change 2021. The Physical Science Basis.
[4] Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Schleswig-Holstein. (2015). Moore in Schleswig-Holstein. Geschichte - Bedeutung - Schutz (Bd. 23). Flintbek.
[5] Millennium Ecosystem Assessment. (2005). Ecosystems and Human Well-being. Biodiversity Synthesis. World Resources Institute, Washington, DC.
[6] Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz. (2016). Programm Niedersächische Moorlandshaften.
[7] Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz (Hrsg.). (2021). Niedersächsisches Landschaftsprogramm. Hannover.