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Biotopschutz

Moore sind einzigartige Lebensräume und charakteristischer Bestandteil der niedersächsischen Landschaft. Im Biotopschutz liegt der Schwerpunkt auf dem Erhalt bzw. der Wiederherstellung der Lebensgemeinschaften und Lebensräume der einzelnen Arten (Biozönose). Vor allem gefährdete, empfindliche oder seltene Biotope, zu welchen die meisten Moorbiotope zählen (vgl. Karte Moore mit besonderer Bedeutung für den Biotopschutz), gilt es durch Maßnahmen zu schützen und zu pflegen. Degenerierte Moorbiotope weisen oft hohe Regenerationspotenziale auf. Bei Entwicklungsmaßnahmen ist jedoch zu berücksichtigen, dass zahlreiche Arten die trockenen Moore als (Ersatz-)Lebensraum nutzen.

Die Erfassung der Biotope in Niedersachsen erfolgt auf der Grundlage des „Kartierschlüssels für Biotoptypen in Niedersachsen“, der vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) herausgegeben wird. Zu den weiteren Aufgaben des NLWKN gehören die landesweiten Kartierungen von FFH-Lebensraumtypen und den sonstigen schutzwürdigen Biotoptypen, die Bearbeitung der Roten Liste gefährdeter Biotoptypen, die Aufstellung von Biotopschutzkonzepten sowie die Fachberatung in Fragen der Biotopkartierung (z. B. Gesetzlich geschützte Biotope und Landschaftsbestandteile) und des Biotopschutzes.

Der überwiegende Teil der niedersächsischen Moorlebensräume ist durch Landwirtschaft, Torfabbau, Forstwirtschaft etc. in den letzten Jahrhunderten und Jahrzehnten zerstört oder stark überprägt worden. Nur ein sehr geringer Anteil befindet sich noch bzw. wieder in einem naturnahen Zustand. Nur etwa 26 % der Hochmoore und rund 5 % der Niedermoore werden als naturnah oder weitgehend ungenutzt und nicht degeneriert eingestuft [2]. Die wenigen verbleibenden naturnahen Moorgebiete erfüllen eine wichtige Funktion als Lebensraum für eine hochspezialisierte, bedrohte Tier- und Pflanzenwelt und sind aufgrund dieser hohen Bedeutung naturschutzrechtlich besonders zu schützen (vgl. Karte Naturschutzrechtlich geschützte Moore).

Rechtlicher Hintergrund und Zielsetzung

Im Naturschutzrecht unterliegen Moore als Lebensräume von Tier- und Pflanzenarten daher einem besonderen Schutz. Naturnahe Hoch- und Niedermoore sowie hochstaudenreiche Nasswiesen und sonstiges artenreiches Feucht- und Nassgrünland gehören zu den nach § 30 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) in Verbindung mit § 24 Abs. 2 des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes (NNatSchG) gesetzlich geschützten Biotopen.

Gemäß der Fauna-Flora-Habitat(FFH)-Richtlinie ist die Erhaltung und Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der im Anhang I der Richtlinie aufgeführten Lebensraumtypen sowie der im Anhang II aufgeführten Tier- und Pflanzenarten sicherzustellen. Gemäß der Europäischen Vogelschutzrichtlinie sind die Vorkommen der in Anhang I aufgeführten Vogelarten und Zugvogelarten nachhaltig zu sichern. Im Vordergrund steht das ökologische Netz Natura 2000 und die daraus für Deutschland bestehenden Verpflichtungen zu dessen Erhaltung und Entwicklung (siehe § 33 und 34 BNatSchG). Das Schutzgebietssystem Natura 2000 besteht aus den FFH- und Vogelschutz-Gebieten.

Viele naturnahe Moore befinden sich in NATURA-2000-Gebieten und Naturschutzgebieten (NSG) oder sind als Landschaftsschutzgebiet (LSG) ausgewiesen. Die naturnahen montanen Hochmoore im Harz sind Teil des Nationalparks Harz. Das weltweit einzige „Schwimmende Moor“, das Sehestedter Außenmoor, ein Abtragungs-Hochmoor, befindet sich im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer. Auch das Biosphärenreservat (BSR) Niedersächsische Elbtalaue weist mit seiner Auen-geprägten Flusslandschaft einen Anteil an Mooren auf.  

Nach dem Niedersächsischen Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz (MU) 2021 sind folgende Schutz-, Erhaltungs-, und Entwicklungsziele für den Moorbiotopschutz zu nennen:

Erhaltung und Entwicklung von Moorbiotopen: Der Flächenanteil von natürlichen und naturnahen Biotopen der Hoch- und Niedermoore ist zu erhöhen. Regenerierbare Flächen von Hoch- und Niedermooren sind in Richtung eines naturnahen Zustands zu entwickeln, soweit nicht im Einzelfall eine andere naturschutzfachliche Zielsetzung Vorrang hat.

Erhaltung und Entwicklung von Hochmoorgrünland: Der Flächenanteil von artenreichem Feucht- und Nassgrünland auf Moorstandorten ist zu erhöhen. Hochmoorgrünlandflächen sind extensiv zu nutzen (u. a. ohne zu starke Entwässerung, ohne Einsatz von Breitband- bzw. Totalherbiziden, ohne Umbruch zur Neueinsaat, eingeschränkte Düngung) und sollen einen möglichst hohen Wasserstand aufweisen. Eine Umwandlung von Grünland organischer Böden in Acker ist dem Grünlandumbruchverbot gemäß § 2a NNatSchG entsprechend auszuschließen (vgl. Karte Moore für Grünland). Ackerflächen auf organischen Böden sollen den Leitlinien der ordnungsgemäßen Landwirtschaft und guten fachlichen Praxis entsprechend in Grünland umgewandelt werden.

Erhaltung von Moorwäldern: Wälder auf Moorböden sollen so entwickelt werden, dass sie einen intakten Wasserhaushalt und eine naturnahe Baumartenzusammensetzung und Struktur aufweisen. Ein großer Teil der Flächen soll dauerhaft der natürlichen Waldentwicklung überlassen bleiben, soweit sich hier keine höherwertigen offenen Moorlebensräume entwickeln lassen und die Erhaltung gut ausgeprägter Moorwälder nicht vorrangig ist. Allerdings ist in zahlreichen Moorwäldern die Reduzierung invasiver Pflanzenarten (z. B. Spätblühende Traubenkirsche) bzw. die Option für entsprechende Maßnahmen erforderlich, so dass eine völlig eigendynamische Entwicklung nicht immer sinnvoll ist.

Erhaltung von waldfreien Moorbiotopen: Intakte Hochmoore und die nassesten Ausprägungen von Niedermooren waren von Natur aus waldfrei. Unter den heutigen Umweltbedingungen sind die meisten Moorflächen aber waldfähig, bedingt durch irreversible Schädigung des Wasserhaushalts und des Moorkörpers sowie aufgrund häufigerer Trockenperioden und zu hoher Stickstoffeinträge. Um auf den veränderten Standorten dennoch waldfreie Moorvegetation wie Moorheiden, Wollgrasstadien und Seggenriede mit den darauf angewiesenen Arten zu erhalten, sind dauerhafte Pflegemaßnahmen wie Entkusseln, Mahd oder extensive Beweidung erforderlich, wenn die Möglichkeiten der Wiedervernässung zur Offenhaltung nicht ausreichen.

Regeneration von Torfabbauflächen: Alle Flächen des Torfabbaus sollen nach Beendigung des Abbaus der Moorregeneration gewidmet werden. Für eine erfolgreiche Renaturierung sind nach dem Abbau ausreichende Resttorfschichten zu belassen, ein für die Regeneration geeignetes Relief herzurichten sowie oberflächennahe Wasserstände wiederherzustellen.

Besonderes Augenmerk des Artenschutzes: Bei der Erhaltung von Moorlebensräumen ist die Bewahrung, Wiederherstellung und weitere Förderung überlebensfähiger Populationen hier vorkommender hochgradig gefährdeten Tier- und Pflanzenarten besonders zu beachten. Im Bereich von ehemaligen Abtorfungsflächen, auf denen eine Regeneration eingesetzt hat und die eine besondere Bedeutung als Rastflächen für Zugvögel besitzen, ist diese Funktion bei der weiteren Gebietsentwicklung nach Möglichkeit und ggf. durch geeignete Maßnahmen zu wahren. Bei Hochmooren muss jedoch ggf. eine Abwägung bezüglich der vorrangigen Ziele erfolgen, da rastende Vögel unter Umständen die erforderliche Nährstoffarmut verhindern.

Im Bereich von Niedermooren sind die Erhaltung und die Entwicklung großflächiger, störungs- und nutzungsfreier (Schilf-)Röhrichte mit hohem Altschilfanteil, u. a. als Brutgebiet für Vogelarten der Röhrichte und Verlandungszonen, insbesondere z.B. für die Rohrdommel, von besonderer Bedeutung.

Etablierung des Biotopverbundes: Die Moore sind als Feuchtlebensräume in die Biotopverbundsysteme auf landesweiter und regionaler Ebene einzubinden.

Schutz vor stofflichen Belastungen: Insbesondere Stickstoffeinträge in nährstoffarme Hochmoore sind unter die Belastungsgrenzen (critical loads) zu reduzieren. [3].

Zustand und Gefährdung der Moorlebensräume in Niedersachsen

Habitatumwandlung im Zuge von Kultivierung, anthropogene Beeinträchtigung des Wasserhaushalts durch nachhaltige Entwässerung und trockenere Bedingungen aufgrund von ausbleibenden Niederschlägen in Verbindung mit einem Anstieg der Jahresmitteltemperatur im Zuge des Klimawandels sowie die anthropogene Steigerung der Nähstoffeinträge und der Mineralstoffverfügbarkeit sind als stärkste Gefährdungsfaktoren für Moorlebensräume zu nennen [1]; [2].

Anhand der Roten Liste der Biotoptypen in Niedersachsen und des Erhaltungszustandes der FFH-Lebensraumtypen der Moore (siehe Tabelle 1 und Karte Erhaltungszustand) wird der Zustand und der dringende Handlungsbedarf für die noch vorhandenen Moorlebensräume deutlich. Die durch die FFH-Richtlinie geschützten Moor-Lebensraumtypen (siehe Karte Lebensraumtypen) müssen derzeit weit überwiegend als in einem „ungünstigen“ oder sogar „schlechten“ Erhaltungszustand eingestuft werden.

Tabelle 1  Erhaltungszustand der wesentlichen Lebensraumtypen der Moore in Niedersachsen (MU 2021)

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Der aktuell ungünstige Zustand der Moore spiegelt sich auch im Umfang und den Gefährdungsgraden der in den Roten Listen erfassten moortypischen Arten wider. 

Ausblick

Zur Verbesserung der Erhaltungszustände der Moorlebensräume und ihrer charakteristischen Arten müssen Moore durch ein gebietsspezifisches Management langfristig entwickelt werden. Unter dem Reiter Moorprojekte finden sich derzeit laufende oder schon abgeschlossene Projekte des Moormanagements und Moorschutzes in Niedersachsen. Um den oben formulierten Schutz-, Erhaltungs-, und Entwicklungszielen sowie den Klimaschutzzielen von Bund und Land (vgl. Nds. Klimaschutzgesetz und Klimaschutzstrategien) gerecht zu werden, müssen in den kommenden Jahren in Niedersachsen flächendeckend Moore wiedervernässt werden. Dabei muss grundsätzlich festgehalten werden, dass bei Moorentwicklungsmaßnahmen die Eigentumsverhältnisse und die Bewirtschaftungen umliegender Flächen bei wasserrechtlichen Genehmigungs- oder Planfeststellungsverfahren zu berücksichtigen sind.

Mit wasserbaulichen Maßnahmen wie dem Rückbau von Entwässerungsgräben und Drainagen sowie dem Bau von Dämmen oder Spundwänden gilt es, den Moorwasserstand1 im langfristigen Mittel nahe an, in oder über der Oberfläche zu halten (vgl. Moorhydrologie). Beim Anstauen des Moorwasserstandes muss beachtet werden, dass keine wertvollen Lebensräume überstaut und damit gefährdet werden. Polderungen sollten mit einer Überlaufvorrichtung versehen werden. Es kann außerdem erforderlich sein, ungewünschte Vegetationsbestände, wie Gehölze oder gebietsfremde Arten, zu entfernen (Entkusselung). Somit kann die Verdunstung (Evaporation) minimiert und Freiflächen offengehalten werden. Wiedervernässungs- und Renaturierungsmaßnahmen können nur auf Basis umfangreicher Untersuchungen zum Ausgangszustand des jeweiligen Gebietes durchgeführt werden. Moore sind äußerst vielfältig, daher muss eine Renaturierung immer individuell sein. Kenntnisse zur Historie, also Genese und der anthropogenen Überprägung, zu Flora und Fauna, zur Hydrologie und zum Torfkörper sowie eine genaue Höhenvermessung sind unabdingbar.

Außerdem sollten Moorentwicklungsprojekte stets von einem langfristig angelegten Monitoring begleitet werden, damit Veränderungen im Gebiet durch einen Vorher-Nachher-Vergleich nachvollzogen, evaluiert und Maßnahmen angepasst bzw. nachjustiert werden können. Hierzu bieten sich die Erfassung von Moorwasserstandszeitreihen und die Einrichtung von Dauerbeobachtungsflächen zur Aufnahme der Vegetation an.

Literatur

[1] Millennium Ecosystem Assessment. (2005). Ecosystems and Human Well-being. Biodiversity Synthesis. World Resources Institute, Washington, DC.

[2] Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz (Hrsg.). (2016). Programm Niedersächsische Moorlandschaften. Grundlagen, Ziele, Umsetzung. Hannover.

[3] Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz (Hrsg.). (2021). Niedersächsisches Landschaftsprogramm. Hannover.

NLWKN: Lennard Heidberg (2023)