Die Betriebe des Gartenbaues gebrauchten, bevor Kultursubstrate mit Torf hergestellt wurden, eigene Erden zur Kultivierung ihrer Pflanzen. Die Erden wurden aus Kompost, Lauberde, Sand und Ton nach eigener Rezeptur, die vom Gärtnermeister streng geheim gehalten wurde, gemischt.
Die ersten Substrate zur Pflanzenproduktion entstanden aus Torf unter Hinzufügung von Düngestoffen. Dem Torfmull, gemahlenem Weißtorf, wurde handelsüblicher Dünger und Kalk zugemischt. Diese Torfmischdünger wurden durch den Torfstreuverband in den Handel gebracht. Heute sind eine Vielzahl von Blumenerden für den Hobbybereich und spezielle Substrate für den Erwerbsgartenbau auf dem Markt.
Durchfrorener Schwarztorf (Humintorf)
Auch der stärker zersetzte Torf wird nach Aufbereitung zu Torfkultursubstraten und Erden verarbeitet.
Beobachtungen hatten gezeigt, dass frisch, d.h. feuchter Schwarztorf durch Frost sich in seinen Eigenschaften verändert: die Torfstrukturen werden aufgebrochen und das Porenvolumen vergrößert sich. Die Wasseraufnahme und -abgabe, Schrumpfung und Luftkapazität verbessern sich. Professor Fruhstorfer meldete 1943 ein Patent für das Verfahren der Produktion von Humintorf an. Seitdem kann der stärker zersetzte Torf zur Erdenherstellung mit eingesetzt werden.
Neben Torf werden mehr und mehr weitere Zuschlagstoffe eingesetzt, wie u.a. Komposte und Holzfasern und die Mischungen immer weiter an die Bedürfnisse der Gärtner angepasst.
Ersatzstoffe und Torfmooskultivierung
Im Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung [3] wie auch im Klimaschutzprogramm 2030 [4] wird als Klimaschutzmaßnahme die Einschränkung der Torfnutzung gefordert. Torf soll möglichst durch nachwachsende Rohstoffe ersetzt werden. Der Einsatz dieser alternativen Ausgangsstoffe zur Herstellung hochwertiger Substrate und Erden erhält damit, zunehmende Bedeutung. Nach aktuellen Zahlen bestehen rd. 30% der Substraten und Erden aus andere Ausgangsstoffe (nicht Torf), wie z.B. Rindenhumus, Grüngutkompost, Holz- und Kokosfasern [8]. Diese Menge muss in den nächsten Jahrzehnten zunehmen, was allerdings aufgrund der Konkurrenznutzung dieser Stoffe in der energetischen Verwertung und gefördert durch das Erneuerbare Energiegesetz [6] schwierig ist. Zudem könnte die neue EU Düngeprodukt-Verordnung (EU 2019/1009), wenn sie in ihrer jetzigen Form bestehen bleibt, das Aus für wichtige Ausgangststoffe wie Holzfaser oder Kokosprodukte bedeuten, weil Wärmebehandlung oder Pufferung nicht mehr erlaubt wären.
Weitere nachwachsende Zuschlagstoffe, wie Schilf und Rohrkolben sowie Torfmoos werden in jüngster Zeit erprobt. Der Anbau dieser Zuschlagstoffe könnte auf vernässten Moorböden als Paludikultur (lat. palus steht für Sumpf, Morast) erfolgen. Auch der Anbau dieser Ausgangsstoffe bringt einen erheblichen Flächenbedarf mit sich. Dieser geht wie der Torfabbau zu Lasten der konventionellen Landwirtschaft. Torfmoose sind dabei vor allem für den Anbau auf Hochmoorböden, Schilf und Rohrkolben für Niedermoorböden geeignet.
[1] Behre, K.-E. (2008): Die Kultivierung der Moore Landschaftsgeschichte Norddeutschlands. Umwelt und Siedlung von der Steinzeit bis zur Gegenwart (pp. 213-228). Neumünster(Wachholtz
[2] Birkholz, B., Schmatzler, E., Schneekloth, H., Lüderwaldt, D., & Tüxen, J. (1980): Untersuchungen an niedersächsischen Torflagerstätten zur Beurteilung der abbauwürdigen Torfvorräte und der Schutzwürdigkeit im Hinblick auf deren optimale Nutzung Naturschutz und Landschaftspflege in Niedersachsen (Vol. 12, pp. 402).
[3] Bundesministerium für Umweltschutz, N. u. n. S. (2016): Klimaschutzplan 2050.
[4] Bundesministerium für Umweltschutz, N. u. n. S. (2019): Klimaschutzprogramm 2030 (pp. 1-173).
[5] Freese, J. C. (1789): Über die Vehne oder Torfgräbereien. Aurich, Nachdruck 1980; Leer).
[6] Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energie-Gesetz – EEG) (2009).
[7] Günther, J. (2018): Pioniere im Großherzogtum Oldenburg — Die Bedeutung der Familie Strenge aus Elisabethfehn für die Entwicklung der industriellen Brenntorfgewinnung in Europa. Telma, 48, 185-202.
[8] Hückstädt, A. (2021). Mögliche Potentiale von Holzfasern und Rinden in Blumenerden und Kultursubstraten. Paper presented at the Holz und Rinde als alternative Ausgangsstoffe für die Substratherstellung Online-Fachgespräch
[9] Niedersächsischer Minister für Ernährung, L. u. F. (1981): Niedersächsisches Moorschutzprogramm – Teil I. In L. u. F. Niedersächsischer Minister für Ernährung (Hrsg.), (pp. 37 ). Hannover.
[10] Niedersächsischer Minister für Ernährung, L. u. F. (1981): Niedersächsisches Naturschutzgesetz vom 20. März 1981. In L. u. F. Niedersächsischer Minister für Ernährung (Hrsg.), Nds. GVBl. 35 Nr. 8: 31-45 und folgende Veränderungen. Hannover.
[11] Niedersächsischer Minister für Ernährung, L. u. F. (1986): Niedersächisches Moorschutzprogramm- Teil II (pp. 1-42). Hannover.
[12] Richard, K.-H. (1990): Torfgewinnung und Torfverwertung. In K. Göttlich (Hrsg.), Moor- und Torfkunde (pp. 441-453). Stuttgart (E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung.
[13] Schmatzler, B., & Schmatzler, E. (2007): Vom Moorgut zum Rohstoffunternehmen. Hochmoore in Niedersachsen. Moornutzung und Moorschutz. Torfwerk Moorkultur Ramsloh. Saterland-Ramsloh(Werner Koch GmbH & Co.).
[14] Schmatzler, B., & Schmatzler, E. (2010): Moorland – Moorlandschaften in Niedersachsen nach industriellem Torfabbau. Burgwedel(Industrieverband Garten e.V. (IVG)).
[15] Schmatzler, E. (2012): Die Torfindustrie in Niedersachsen – Ergebnisse einer Umfrage zur Zukunft der Torfgewinnung in Niedersachsen. TELMA - Berichte der Deutschen Gesellschaft für Moor- und Torfkunde, 42. doi: 10.23689/fidgeo-2959
[16] Schneekloth, H. (1970): Die Moore in Niedersachsen. 8 Teile, nach Blättern der Geologischen Karte der Bundesrepublik Deutschland (1:200 000). Göttingen(Veröff. Nds. Inst. Landeskd).
[17] Schneekloth, H. (1983): Die Torfindustrie in Niedersachsen (Vol. NF.120). Göttingen(Veröff. Nieders. Inst. Landeskde. u. Landesentwickl.).
[18] Speckmann, D. (1933): Mensch in Moor und Heide. Berlin).
[19] Stuik, H. (1981): Wege ins Moor. Wanderungen in und um Worpswede. Worpswede(Worpsweder Verlag).
[20] Tacke, B., & Lehmann, B. (1926): Die norddeutsche Moore Bielefeld und Leipzig).
Hückstädt, Arne (2021) Beitrag zum Online Fachgespräch zu Holz und Rinde als alternative Substratausgangsstoffe, Herausgeber Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe, Gülzow https://www.torffrei.info/holz-und-rinde-als-alternative-ausgangsstoffe-fuer-die-substratherstellung