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Industrialisierung: Maschineller Abbau von Torf

Brenntorf zur Energiegewinnung

 

Torf wurde bis in die sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts besonders als Brennmaterial genutzt. Über viele Jahrhunderte war Brenntorf eine wichtige Energiequelle. Ab 1909 war Brenntorf zur Stromerzeugung für Kraftwerke in Wiesmoor (1909-1964) und Rühle (1925-1974) der alleinige Rohstoff.

Auch für die Verkokung war Schwarztorf ein wichtiger Grundstoff. Für das Torfkokswerk in Elisabethfehn wurden große Mengen Brenntorf geliefert, Eisenhütten, Eisenbahngesellschaften und Glashütten in Niedersachsen waren Abnehmer für den Brenntorf.

Nach dem I. Weltkrieg wurde die Brenntorfförderung deutlich erhöht, 1923 wurden über 3 Millionen Tonnen Brenntorf produziert. Nach dem II. Weltkrieg wurden zwischen 1945-1949 mehr als 1 Million Tonnen gefördert. Erst als Kohle, Erdöl und Gas wieder ausreichend zur Verfügung standen, wurde Brenntorfnutzung eingestellt.

Im Anschluss wurde Brenntorf zur Herstellung von Aktivkohle großmaßstäblich eingesetzt. Die mikroporöse Struktur der Aktivkohle hat ein hohes Absorptionsvermögen und ist daher als Filter in vielen Bereichen der Industrie gefragt.

Heute findet Brenntorf in geringen Mengen noch Verwendung. In wenigen Ziegeleien werden Torfbrand-Ziegel für Restaurierungsvorhaben und ähnliches mit Torffeuer hergestellt.

Die Mechanisierung der Brenntorfgewinnung begann um 1850-70. Es kamen unterschiedliche Bagger zum Einsatz, die mit Dampf, Diesel aber auch Strom angetrieben wurden.

Torfbagger, die mit Hilfe von Eimerleitern den Schwarztorf abschürften und über Förderbänder zu Mischwerken transportierten, revolutionierten den Brenntorfabbau. Der Torf wurde in den Mischwerken zerfasert und zu einem homogenen Brei vermengt. Durch ein Mundstück wurde der Torfbrei in langen Strängen herausgepresst und über ein Ablagebrett auf die Moorfläche abgekippt. Nach und nach wurde ein Torfstrang während der langsamen Vorfahrt des Baggers abgelegt. Anfangs wurden die Torfstränge per Hand in kurze Stücke geschnitten, später übernahmen diesen Arbeitsschritt Schneidscheiben, die am Ableger des Baggers montiert waren. Nach einer ersten Trocknung wurden die Soden zu kleinen Mieten aufgesetzt (geringelt) und nach vollständiger Trocknung maschinell durch Sammler und ihre Förderbänder auf Mieten oder direkt in die Loren eingesammelt.

Die Brenntorfbagger erhielten viele Patente und Auszeichnungen und wurden in viele Länder exportiert. Bis in die 1990iger Jahre waren diese selbsttätigen Bagger im Einsatz [7].

Weißtorfgewinnung durch Stechmaschinen

Nach dem II. Weltkrieg war die Technik der Sodenstechmaschinen ausgereift und kam nach und nach ab 1955 zum Einsatz. Bis dahin wurde Weißtorf mit der Hand abgebaut. Die Maschine schafft 350 m³ täglich, 10-mal so viel wie ein Torfstecher.

Auch die Arbeiten zur Vorbereitung des Abbaus, sowie der Abbau selbst, die Trocknung und der Abtransport aus dem Feld wurde mehr und mehr durch Maschinen, erleichtert. Das Abbunken wurde mit Planierschnecken, das Sodenstechen und die seitliche Lagerung wurde durch Stechmaschinen vorgenommen. Nur das mehrmalige Umsetzen der Soden zur Trocknung wird bis heute per Hand ausgeführt. Eine Maschine zur lockeren Lagerung der Soden in der Reihe, der sog. Rüttler hat sich nicht durchgesetzt.

Die beste Jahreszeit für das Stechen der Weißtorfsoden ist das Frühjahr. Das sichert die Trocknung durch Sonne und Wind über das Sommerhalbjahr. Die Abfuhr in die Fabrik schafft Platz für den neuen Stich.

Sodentorf ergibt nach dem Mahlen und Sieben beste Ausgangstorfe für die Komposition verschiedener Kultursubstrate. Die ausgesiebten Fasern von Wollgras sind auch ein wichtiger Zuschlagstoff.

 

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Weißtorfabbau im Sodenstechverfahren. Vormals Hochmoorgrünland im Campemoor (Moor Nr. 243 E).
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Torfabbau im Kehdinger Moor (815) im Frästorfverfahren

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Torfsonden im Kehdinger Moor (815)

Mischtorfgewinnung durch:

(Aus)Baggern

Durch (Aus)Baggern mittels moderner Hydraulikbagger mit weitreichenden Auslegern, wird der Torf in großen Klumpen entnommen und auf dem Oberfeld abgelegt. Dabei werden die sich nach unten verändernden Torfschichten bis zur festgelegten Abbausohle in einem Arbeitsgang abgegraben. Anschließend werden die Torfklumpen mit Raupen grob zerkleinert und eingeebnet. Nach der Trocknung, meist über das Winterhalbjahr, wird die aufgetragene Torfschicht durch das „Fräsen“ (siehe unten) weiter aufbereitet.

Durch diese Baggermethode entstehen breite Pütten, die ihre endgültige Tiefe erreicht haben und der Renaturierung unmittelbar überlassen werden. Mit jeder Baggerung vergrößert sich der abgebaute Bereich und damit die Renaturierungsfläche.

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Frästorfabbau im Bourtanger Moor (873 C)

Fräsen

Weiß- und Schwarztorfe können durch das Fräsverfahren gewonnen werden. Vorrausetzung für das Verfahren ist eine gut entwässerte und abgetrocknete Abbaufläche. Das Fräsen kann nur im Frühjahr und Sommer während der Schönwetterperioden erfolgen. Die obere Torfschicht wird durch Grubber aufgelockert und zerkleinert. Anschließend wird die Schicht mehrmals mit speziellen Eggen gewendet, bis der gewünschte Trocknungsgrad erreicht ist und der Frästorf zu Mieten aufgeschoben werden kann.

Heute ist das Fräsen, die am häufigsten angewandte Abbautechnik. Grund ist meist der Verbleib von nur noch gering mächtigen Weißtorfauflagen, die ein Stechen nicht mehr rentabel machen. Stärker zersetzte Torfe können nach dem Baggern durch Grubbern zerkleinert und anschließend – am besten nach dem Durchfrieren im Winter – gefräst werden. Durch das Fräsen werden fein strukturierte Torfe für die Substratherstellung gewonnen.

Literatur

[1] Behre, K.-E. (2008): Die Kultivierung der Moore Landschaftsgeschichte Norddeutschlands. Umwelt und Siedlung von der Steinzeit bis zur Gegenwart (pp. 213-228). Neumünster(Wachholtz

[2] Birkholz, B., Schmatzler, E., Schneekloth, H., Lüderwaldt, D., & Tüxen, J. (1980): Untersuchungen an niedersächsischen Torflagerstätten zur Beurteilung der abbauwürdigen Torfvorräte und der Schutzwürdigkeit im Hinblick auf deren optimale Nutzung Naturschutz und Landschaftspflege in Niedersachsen (Vol. 12, pp. 402).

[3] Bundesministerium für Umweltschutz, N. u. n. S. (2016): Klimaschutzplan 2050.

[4] Bundesministerium für Umweltschutz, N. u. n. S. (2019): Klimaschutzprogramm 2030 (pp. 1-173).

[5] Freese, J. C. (1789): Über die Vehne oder Torfgräbereien. Aurich, Nachdruck 1980; Leer).

[6] Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energie-Gesetz – EEG) (2009).

[7] Günther, J. (2018): Pioniere im Großherzogtum Oldenburg — Die Bedeutung der Familie Strenge aus Elisabethfehn für die Entwicklung der industriellen Brenntorfgewinnung in Europa. Telma, 48, 185-202.

[8] Hückstädt, A. (2021). Mögliche Potentiale von Holzfasern und Rinden in Blumenerden und Kultursubstraten. Paper presented at the Holz und Rinde als alternative Ausgangsstoffe für die Substratherstellung Online-Fachgespräch

[9] Niedersächsischer Minister für Ernährung, L. u. F. (1981): Niedersächsisches Moorschutzprogramm – Teil I. In L. u. F. Niedersächsischer Minister für Ernährung (Hrsg.), (pp. 37 ). Hannover.

[10] Niedersächsischer Minister für Ernährung, L. u. F. (1981): Niedersächsisches Naturschutzgesetz vom 20. März 1981. In L. u. F. Niedersächsischer Minister für Ernährung (Hrsg.), Nds. GVBl. 35 Nr. 8: 31-45 und folgende Veränderungen. Hannover.

[11] Niedersächsischer Minister für Ernährung, L. u. F. (1986): Niedersächisches Moorschutzprogramm- Teil II (pp. 1-42). Hannover.

[12] Richard, K.-H. (1990): Torfgewinnung und Torfverwertung. In K. Göttlich (Hrsg.), Moor- und Torfkunde (pp. 441-453). Stuttgart (E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung.

[13] Schmatzler, B., & Schmatzler, E. (2007): Vom Moorgut zum Rohstoffunternehmen. Hochmoore in Niedersachsen. Moornutzung und Moorschutz. Torfwerk Moorkultur Ramsloh. Saterland-Ramsloh(Werner Koch GmbH & Co.).

[14] Schmatzler, B., & Schmatzler, E. (2010): Moorland – Moorlandschaften in Niedersachsen nach industriellem Torfabbau. Burgwedel(Industrieverband Garten e.V. (IVG)).

[15] Schmatzler, E. (2012): Die Torfindustrie in Niedersachsen – Ergebnisse einer Umfrage zur Zukunft der Torfgewinnung in Niedersachsen. TELMA - Berichte der Deutschen Gesellschaft für Moor- und Torfkunde, 42. doi: 10.23689/fidgeo-2959

[16] Schneekloth, H. (1970): Die Moore in Niedersachsen. 8 Teile, nach Blättern der Geologischen Karte der Bundesrepublik Deutschland (1:200 000). Göttingen(Veröff. Nds. Inst. Landeskd).

[17] Schneekloth, H. (1983): Die Torfindustrie in Niedersachsen (Vol. NF.120). Göttingen(Veröff. Nieders. Inst. Landeskde. u. Landesentwickl.).

[18] Speckmann, D. (1933): Mensch in Moor und Heide. Berlin).

[19] Stuik, H. (1981): Wege ins Moor. Wanderungen in und um Worpswede. Worpswede(Worpsweder Verlag).

[20] Tacke, B., & Lehmann, B. (1926): Die norddeutsche Moore Bielefeld und Leipzig).

 

Hückstädt, Arne (2021) Beitrag zum Online Fachgespräch zu Holz und Rinde als alternative Substratausgangsstoffe, Herausgeber Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe, Gülzow https://www.torffrei.info/holz-und-rinde-als-alternative-ausgangsstoffe-fuer-die-substratherstellung

Eckhard Schmatzler und Silke Kumar (2021)